Skip to main content
Expatriates
© sawitreelyaon, AdobeStock

Diese Faktoren machen Auslandsbeschäftigung aktuell besonders schwer

Global agierende Unternehmen müssen kontinuierlich ihre internationalen Geschäftsbeziehungen und ihre Entsendepolitik an die weltweiten (wirtschafts-)politischen Entwicklungen anpassen.

In den letzten zehn Jahren musste das Global-Mobility-Management beispielsweise auf Wirtschaftsembargos, abgeschottete Handelspolitik, den Brexit und die Krisenherde in Ägypten, Libyen und Syrien reagieren. Die Corona-Pandemie im Jahr 2020 führte zudem zu Unterbrechungen in den internationalen Handelswegen, wodurch Entsendungen für einige Zeit unmöglich oder erschwert wurden. Seit zwei Jahren dominiert der Krieg Russlands gegen die Ukraine weltweit die handelspolitischen Entwicklungen, und die jüngsten kriegerischen Auseinandersetzungen in Nahost verstärken die Unsicherheit. Für die Entsendepolitik bedeutet das: Unternehmen, die ihre Produktionsstätten sichern wollen, stellen sich darauf ein, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit einigen Ländern neu zu organisieren. „Außerdem wägen sie ab, ob Investitionen in Europa und Nahost noch sicher sind und verstärken je nach Branche die Suche nach neuen Märkten“, berichtet Omer Dotou, Leiter Global Mobility Services and Advisory Services von BDAE.

Dauerhaftes „work from anywhere“ ist nicht legal

Heute hier, morgen dort – der Traum von vielen Beschäftigten hierzulande nach einer dauerhaften Workation und auch der von Expats, die am Einsatzort auf unbestimmte Zeit remote arbeiten möchten, zerplatzt in den meisten Fällen. „Work from Anywhere kann nicht legal sein. Die Idee, dass Mitarbeitende dauerhaft aus dem Ausland für ihren deutschen Arbeitgeber arbeiten, mag schön klingen, aber funktioniert nicht“, sagt Omer Dotou, der seine provokante These begründet: In und nach der Corona-Pandemie gab es zahlreiche Sonderregelungen für Remote-Working und Homeoffice-Tätigkeit im Ausland, die bereits im Jahr 2023 ausgelaufen beziehungsweise gekündigt wurden. „Inzwischen beschäftigten sich die Behörden mit den Compliance-Themen – und zwar weltweit. Die unterschiedlichen Auffassungen und Regelungen zu kennen, stellt dabei die größte Herausforderung für Personalverantwortliche dar.

Das Ausmaß der zu klärenden rechtlichen Anforderungen hängt unmittelbar davon ab, ob es sich um Workation oder Homeoffice im EU-Ausland oder in einem Drittland handelt. Die Erfahrung von Omer Dotou: Die Mehrheit der Unternehmen in Deutschland erlaubt inzwischen Workation nur für maximal 30 Tage im Jahr und hauptsächlich für den EU-Raum. Für Mitarbeitende mit Drittstaatsangehörigkeiten werden Heimatbesuche erlaubt. „Bei diesem Vorgehen sind sozialversicherungs- und steuerrechtliche Risiken eingeschränkt.“

EXPATRIATES AdobeStock 351043917© Kateryna, AdobeStock

Risikofaktor Employer of Record

Wenn Start-ups, kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) oder große Konzerne einzelne Mitarbeitende aus einem Drittland anwerben und dauerhaft mit ihnen „remote“ zusammenarbeiten wollen, wird es rechtlich besonders kompliziert. Welche Wege gibt es, um solche Personen rechtsicher zu beschäftigen? Die Empfehlung vom BDAE-Consult-Experten: „Wenn Unternehmen Arbeitnehmende aus einem Drittland ‚remote‘ beschäftigen wollen, dann sollten sie über die Gründung einer Betriebsstätte nachdenken. Damit verhalten sie sich zu 100 Prozent legal.“ Denn die Mitarbeitenden arbeiten dann nicht nach deutschem Arbeitsrecht, sondern nach dem dortigen Recht, und ebenso unterliegen sie dem länderspezifischen Sozialversicherungs- und Steuersystem. „Natürlich kann eine Gründung von Niederlassungen in zwei oder drei Ländern kostenintensiv sein, aber diesen Weg empfehlen wir unseren Mandaten als strategische Lösung, insbesondere mit Blick auf die künftigen Fachkräfte, die unkompliziert über die bereits etablierten Strukturen angestellt werden“, so Dotou weiter.

Für einige Unternehmen, die nur vereinzelt Mitarbeitende aus dem Ausland arbeiten lassen, mag diese Lösung wirtschaftlich unattraktiv sein. Sie greifen stattdessen auf die Anstellung über einen „Employer of Record“ (EOR), welches für eine Gebühr Arbeitnehmende anstellt, die aber tatsächlich ausschließlich für ein anderes Unternehmen tätig werden. Das Unternehmen, für das die Arbeitnehmenden tatsächlich tätig werden, ist der Kunde des „Employer of Record“. Für Omer Dotou ist bei der Nutzung eines „Employer of Record“ größte Vorsicht geboten, insbesondere wenn eine Tätigkeit in Deutschland oder Dienstreise geplant ist. Schließlich handelt es sich um eine Arbeitnehmerüberlassung mit einem ausländischen Anbietenden, der formal die Rolle des Arbeitgebenden spielen sollte.

Entsendungen von Arbeitnehmenden ins Ausland stellen nach wie vor Unternehmen und Mitarbeitende in einem zunehmend regulierten und geopolitisch volatilen Umfeld vor wachsende Herausforderungen. Hinzu kommt die Tatsache, dass sich das Profil und die Erwartungen des zu entsendenden Personals einem stetigen Wandel unterziehen. Dies macht sich insbesondere bei der Generation Z, die die Flexibilität leben will, deutlich bemerkbar. Da Flexibilität und Langfristigkeit im Bereich des Global Mobility eine ernstzunehmende Herausforderung darstellen, müssen Anreize für die Auslandsentsendungen neu definiert werden. 

EXPATRIATES Omer Dotou

EXPATRIATES bdae lea fiebelkorn web

Die BDAE Consult-Jurist*innen im Interview

Der Jurist Omer Dotou ist ausgewiesener Experte für das Thema Mitarbeiterentsendung und Beschäftigung von Arbeitnehmenden im Ausland. Er und seine Kollegin Lea Fiebelkorn haben einige spannende Interviews zu diesen Themen gegeben:

Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe Mai 2024 des Journals "Leben und Arbeiten im Ausland".

Das Journal erscheint monatlich kostenlos mit vielen informativen Beiträgen zu Auslandsthemen.

Herausgegeben wird es vom BDAE, dem Experten für die Absicherung im Ausland.